Um Harmonie in einem Aquascape zu schaffen bedarf es einer gewissen Grundkreativität und einem geschultem Auge für natürliche Kompositionen - jedoch sollte dies auch zu erlernen sein.

Da in Europa gerne alles gemessen und in absoluten Zahlen ausgedrückt werden will, haben sich viele Menschen darüber Gedanken gemacht, wie Harmonie nun zu messen sei.  Viele Mathematiker, Künstler, Architekten und Philosophen zermarterten sich darüber jahrhundertelang den Kopf. Nach vielerlei Grüblerei und der Betrachtung der Natur war der Goldene Schnitt geboren. Eine Zahl, die das harmonische Verhältnis von zwei Längen zueinander angibt. Diese Zahl beträgt 1,618 und wird auch das göttliche Verhältnis genannt. Sie bezieht man auf eine Längenangabe bzw. deren Verhältnis: die eine Länge beträgt 1 und die andere ist um den Faktor 1,618 länger. Daraus ergibt sich schließlich das Verhältnis von 1:1,618. Dieses Verhältnis findet sich überall in der Natur: sei es in den Proportionen von Blättern, in den Windungen von Muscheln und Schneckenhäusern oder auf Satellitenbildern von großen Wirbelstürmen.

Da wir selbst der Natur entstammen, empfinden wir dieses Verhältnis als harmonisch. Als Aquascaper können wir uns das zunutze machen: da wir ein Glasbecken mit begrenzten Kantenlängen besitzen, können wir dieses Verhältnis darauf anwenden. Einfacher betrachtet und für unsere Zwecke weitgehend ausreichend ist das Seitenverhältnis von 2:3 – das ist ungefähr das Zweifache des Verhältnisses 1:1,618.

Würde man diese Seitenverhältnisse auf die Höhe und Breite eines Aquarium übertragen und auf die Frontglasscheibe des Aquariums zeichnen, erhielte man vier Geraden und vier Schnittpunkte der selbigen. Diese Punkte dienen nun als potentielle Fokuspunkte. Die Fokuspunkte werden nicht alle verwendet, sondern man beschränkt sich auf einen einzigen. Dieser wird der wichtigste Fluchtpunkt im späteren Layout. Die waagerechten Linien stellen die potentiellen Horizonte dar, an dem die Pflanzengrenze bzw. das Substrat das freie Wasser erreicht. Die vertikalen Linien werden für die Fokuslegung bei der Ausrichtung des Hardscapes und Freiräumen benutzt. Die Räume zwischen den Linien werden mit Pflanzen aufgefüllt oder als Freiräume mit Blick auf die Rückwand belassen. Die Übergänge von einem Raum zum anderem sollten freilich nicht strikt nach diesem Prinzip im 90° Winkel gestaltet werden, da dies unnatürlich wirken würde (wie auch alle anderen 90° Winkel in einem Layout). Sanfte Übergänge sind viel harmonischer.

Freiräume, welche im internationalen Fachjargon auch als „open space“ bezeichnet werden, bieten die Gelegenheit weiterer Gestaltungsmöglichkeiten. Nun wird die Rückwand mit ins Layout einbezogen Dies bietet sehr viele Chancen, ein Layout aufzuwerten: ein heller Hintergrund lässt ein Aquascape weitläufiger und nicht endend erscheinen, ein schwarzer dagegen wirkt sehr stark begrenzend, da der Kontrast des Übergangs vom Beckeninhalt zur Rückwand stärker ist. Um gezielte Effekte zu setzen, hat sich der Trend aufgetan, die Rückwand durch eine aktive, manchmal farbige Beleuchtung aufzuwerten. Dabei wirken z.B. punktförmige Lichtquellen, wie einfache Glühbirnen, hinter einer Berglandschaft wie die aufgehende Sonne.

Freiräume bieten auch die Voraussetzung der drei Grundformen der Gestaltung eines Aquascapes: Dreieck, Konkav und Konvex.

Bei einem Dreieckslayout sollten die Pflanzen und Hardscape der Größe nach von vorne nach hinten und von der einen zur anderen Seite hin gestaffelt stehen. Ebenso sollte sich das Hardscape an den Freiräumen orientieren. Marcel Dykierek setzt diese Layoutvariante in seinem Layout „St. Elmos“ effektvoll mit einer länglichen Wurzelanordnungen ein. Ein größerer Ast reicht zwar in den großen dreieckigen Freiraum hinein, jedoch erzeugt dies im Layout eine unglaubliche Spannung, welche ohne diesen Ast nicht vorhanden wäre. Ebenfalls arbeitet er in diesem Layout mit einer effektvollen Rückwandbeleuchtung.

Lange Becken bieten sich vor allem für ein konkaves Layout an, welches auch Schluchtenlayout genannt wird. Dazu wird in der Regel eine der vertikalen Linien aus dem Diagramm des goldenen Schnitts ausgewählt und als V-förmiger Freiraum belassen. Dass nicht nur große Becken für diese Layoutvariante bestimmt sind, zeigt Jan-Simon Knispel mit seinem, gerade mal 25 Liter fassendem, „Rocks“. Die Verwendung von schroffen Drachensteinen und kleinblättrigen Pflanzenarten lässt dieses Layout weitaus größer erscheinen, als es ist. Der Tierfreund darf beruhigt sein: die Fische wurden nicht dauerhaft in diesem Becken gehalten.

Für hohe Aquarien eignet sich vor allem ein konvexes Layout. Wie das Layout von Takashi Amano zeigt, wird ein Hügel bzw. eine Insel leicht von der Mitte zu einer Seite versetzt, an den vertikalen Linien des goldenen Schnitts orientiert, in Szene gesetzt.

Nicht nur die Grundstruktur bestimmt das Erscheinungsbild eines Aquascapes, sondern auch die Linienführung innerhalb. Steine und Wurzeln haben eigene Linien in sich, die es aufeinander abzustimmen gilt. Auch die Ecken und Kanten und der Übergang vom Bodengrund zum Hardscape muss sich in die Gesamtkomposition einfügen.

Als erfahrener Aquascaper kann man versuchen, sich von den Vorgaben des goldenen Schnitts etwas zu lösen, jedoch stellen diese Regeln für den Beginner eine sehr gute Einstiegsmöglichkeit dar.

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